Warum es gerade ein halber Ochse ist?
Darum ranken sich eine ganze Reihe von unterfränkischen Sagen. Eine davon erzählt, daß es in früheren Zeiten noch keine Brücke über den Main gab. Über 12 Jahrhunderte war eine Furt bestimmend für die wechselvolle Geschichte von Ochsenfurt. Die Fuhrleute mußten mit ihren Ochsengespannen durch diese Untiefe, um ans andere Ufer zu kommen. Bei der Gestaltung des Wappens kamen die Ratsherren überein, daß ein gerade aus dem Main steigender Ochse ein gutes Motiv wäre - darum ist nur die eine Hälfte zu sehen, die andere ist noch unter Wasser. Das Stadttor mit den beiden Türmen soll auf die mittelalterliche Stadtbefestigung hinweisen.
Eine andere Version ist folgende: Ochsenfurt wurde in früheren Zeiten einmal von Feinden belagert. Ein pfiffiger Metzger hatte eine gute Idee: Die Ochsenfurter sollten einen halben Ochsen über die Stadtmauer werfen, um die Belagerer davon zu überzeugen, daß die Stadt noch Lebensmittel im Überfluß hätte und einer Belagerung auf jeden Fall standhalten würde. Als der halbe Ochse den Feinden vor die Füße fiel, kam es, wie der Metzger vorausgesagt hatte: Des langen Belagerns müde, zogen die Feinde ab. Ochsenfurt war gerettet. Das Bild des halben Ochsen kam zum Gedenken an diesen Streich in das Wappen der Stadt.
Das Stadtsiegel erschien das erste Mal im Jahre 1316.
Stadtrecht
Stadtrecht ist ursprünglich das kaiserliche oder landesherrliche Vorrecht, wodurch eine Gemeinde zur Stadt erhoben wurde; stellt auch den Inbegriff der in einer Stadt gültigen Rechtssätze dar.
In der heutigen Zeit wird die Stadtrechtsverleihung, d. h. die Erhebung einer Gemeinde zur Stadt in Deutschland von den Ländern ausgeübt und beschränkt sich auf das Recht, die Bezeichnung „Stadt“ zu führen.
Status und Zuständigkeit einer Stadt sind dagegen an ihre Einwohnerzahl geknüpft, nicht an die Bezeichnung.
Heute gibt es kein Stadtrecht mehr im eigentlichen Sinne. Die Selbstverwaltung in den Städten regeln staatliche Grundsätze bzw. Gesetze der Bundesländer.
Die Stadt Ochsenfurt hat als Kommunalverwaltung das Recht, zusätzlich gemeindespezifische Satzungen, Richtlinien, Verordnungen und z. B. auch die Geschäftsordnung des Stadtrates zu erlassen. Dies bezeichnet man als Ortsrecht (auch Gemeinderecht, Kommunalrecht und bisweilen Stadtrecht).
1316 erstes Stadtsiegel von Ochsenfurt
Vor 700 Jahren, also im Jahre 1316, erscheint ein Stadtsiegel von Ochenfurt. Es trägt die Umschrift: „SIGILLUM CIVITATIS OCHSENFVRT„.
In der Darstellung ist es ein sogenanntes Mauersiegel. Es zeigt in Silber eine rote Burg, mit breitem Mittelturm und zwei spitzbedachten schmäleren Zinnentürmen, spitz bedacht. Alle Türme haben blaue Dächer. Aus der breiten Öffnung des Mittelturmes tritt heraus, nur halb zu sehen, ein goldbewehrter schwarzer Ochse. Ende des 14. Jahrhunderts beschränkt sich das kleine Siegel auf den Ochsenrumpf im Schild. Dieser Darstellung folgten spätere Wappenwiedergaben, wie im Wernigeroder Wappenbuch 1486 / 92. Ein zweites Hauptsiegel von Ende 14. Jahrhundert ist reicher gestaltet, mit Kirche, Mauern und Türmen.
Bereits im Siegel von 1316 drückt sich das gewachsene Selbstbewußtsein der jungen Stadt Ochsenfurt aus. „ CIVITAS“ war „ die höchstentwickelte Form der Stadt“. Es war der Ausdruck ursprünglich nur alten Königs-, Bischofs – und Klosterstädten vorbehalten, die Stadtmauern waren das „ Symbol der mittelalterlichen Stadt“. 1
1295 war die Stadt durch Bischof Manegold von Neuenburg an das Domkapitel verkauft worden, dessen Rechte durch den Stadtschultheiß über- wacht wurden. Sie waren anfangs mit den gewählten Schöffen berechtigt, das Siegel zu Beurkundungen zu führen.
Aber bereits 1383 siegelten Bürgermeister ohne den Schultheißen wie: 05.12.1383 Genehmigung für das Augustinerkloster Würzburg dem Ochsenfurter Bürger Hermann Erbe ein Haus in Ochsenfurt zu verleihen oder, 21. 9. 1408: Zustimmung der Stadt Ochsenfurt zur Bezahlung von 2000 Gulden an das Domkapitel……
So wird die Verwendung des Stadtsiegels durch Bürgermeister, Rat und Gemeinde, im Namen der Stadt zum Nachweis des Bestrebens der Bürger nach mehr Selbständigkeit, vor allem in der Regelung der Gemeindeangelegen - heiten.
Es ist dies ein frühes Kapitel unserer Stadtgeschichte, in dem sich das Selbstbewußtsein deutlich manifestierte und bis heute Ausdruck findet in der Behauptung der kommunalen Selbstverwaltung im Rahmen unseres Staatsaufbaus, wie dies im Grundgesetz festgelegt ist.
Im Laufe der vergangenen Jahrhunderte gab es manche Versuche, dies einzuschränken, auch heute muß die „ kommunale Familie“ auf der Hut sein, dass zu zugewiesenen Aufgaben auch die notwendigen Finanzmittel gehören!
So sind die Darstellungen der frühen Stadtsiegel bis heute beredter Ausdruck von Selbstbewußtsein, die örtlichen Angelegenheiten mit Sachkenntnis und Bürgernähe am besten entscheiden zu können!
Peter Wesselowsky
Ochsenfurt, 30.12. 2015